Ausstellung 2006
Das Fiktive wird gemeinhin als Gegenbegriff zum Realen aufgefasst. Für Christoph Schreiber sind die beiden Bereiche indes nicht grundsätzlich voneinander getrennt. Der Künstler lässt in seinen Bildern die alltägliche Wirklichkeit unvermittelt an die Welt des Fiktiven grenzen und zuweilen wird das vermeintlich Wirkliche soweit überhöht, dass die Differenz von realer und fingierter Welt aufgehoben wird. In seiner dritten Ausstellung in der Galerie Bob Gysin präsentiert Christoph Schreiber zwölf Bilder und eine Videoarbeit. In diesen neuen Werken wird das Reale phantastisch und das Phantastische wird real.
REALE PHANTASMEN
Schreibers Arbeiten gehen aus der digitalen Bildbearbeitung hervor und der Künstler führt dem Betrachter auf vielfältige Weise vor Augen, dass Fotografie heute auch Simulation sein kann. Fotografie ist nicht länger darauf beschränkt, die Welt direkt abzubilden. Die elektronischen Bildbearbeitungsprogramme erlauben Schreiber, Wirklichkeit zu simulieren, indem er diese nach eigenen Gesichtspunkten imitiert oder gänzlich neu kreiert.
Schreibers Fotografien dokumentieren keine Sachverhalte. Seine Bildsprache ist nicht deskriptiv, vielmehr suggestiv. Seit mehreren Jahren spielt der Künstler mit Grundannahmen, die festlegen, was in dieser Welt als möglich oder unmöglich gilt. Allen Werke, die aus dieser Auseinandersetzung resultieren, ist gemeinsam, dass sie eine Gegebenheit festhalten, die von der Normalität abweicht und inhaltlich nicht klar bestimmbar ist. Schreibers „Welten“ zeichnen sich durch Andersartigkeit aus. Sie sind kurios, sonderbar, skurril und zunehmend auch ominös, unheimlich und ausgesprochen phantastisch.
In seinen jüngsten Arbeiten verlässt der Künstler zunehmend die sachbezogene Nüchternheit, die seine Formensprache lange bestimmte. Verstärkt überschreitet er nicht nur inhaltlich, sondern auch visuell die Grenzen von naturwissenschaftlichen Weltbildern. Gerne setzt Schreiber Spezialeffekte wie dramatisch inszenierter Wolkengebilde ein, abstrahiert in sichtlich demonstrativer Façon Bildmaterial, das er verwendet – Gebäude sind beispielsweise kaum mehr mit Öffnungen versehen - und oft kombiniert er Bildfragmente in scheinbar kruder Manier, so dass das fertige Werk eindeutig als Collage erkennbar bleibt. Der Grad an Künstlichkeit hat bedeutend zugenommen und in gleichem Masse ist seine Bildsprache buchstäblicher gewonnen. Seine neuen Bilder geben das Dargestellte nicht wirklichkeitsgetreu wieder, die kulissenartigen Bildmontagen evozieren jedoch pointiert die Befindlichkeit, die ein Passant etwa in einer anonymen Stadtlandschaft erfahren kann.