Reloaded
Bessie Nager präsentiert in der Galerie Bob Gysin komplexe visuelle Cluster, die in direkter Auseinandersetzung mit den Inhalten und Strukturen des Internets entstanden sind. Ihre Cityscapes zeigen kaleidoskopartig verdichtete Bilder von medial vermittelten Welten. Tief ins Bild reichende Räume verschwimmen in multifokalen Fluchtpunkten, werden zu mehrdimensionalen Bühnen und evozieren die betörende Gleichzeitigkeit des Hyperspace.
Die beiden Werkzyklen zur Ausstellung „Reloaded“ schliessen unmittelbar an die Grossprojekte an, die Bessie Nager kürzlich im Helmhaus Zürich (2006) und im Kunstmuseum Luzern (2007) gezeigt hat. Der Ausstellungstitel mit der übergreifenden Bedeutung des Wiederaufnehmens bezieht sich auf die bevorzugten Verfahrensweisen der Künstlerin: Collage und Assemblage. Mit ihren hochverdichteten Stadtlandschaften und dem dekonstruierten Tramwagen eignet sich Nager Bilder und Objekte aus unserer Lebenswelt an und setzt sich mit Form und Funktion der verwendeten Medien auseinander.
Die Bildmotive ihrer Stadtlandschaften hat die Künstlerin dem vorherrschenden Informationsmedium unser Gesellschaft, dem Internet, entnommen. In der Art einer vergleichenden Erhebung erfasst die Künstlerin die vielzähligen Formen der gesellschaftlichen Bildproduktion zum Thema des öffentlichen Raums und setzt sie nach Inhalten gruppiert zueinander in Beziehung. Die Fülle und Dichte der unzähligen Fragmente resultieren in eine überflutende Komposition, die alle Konvention ignoriert. In ihrer Überfülle veranschaulichen die Collagen die Unmöglichkeit, die Inhalte des kollektiven Informationsspeichers auf einen Blick zu erfassen.
Nager greift mit ihrem Materialumgang nicht nur die Thematik des „Information Overload“, der Überflutung mit Informationen, auf. Ihre Cityscapes fungieren gleichsam als Lösungsansatz, wie die netzwerkförmige Struktur des Internets visualisiert werden kann. Ihre Bildwelten weisen eine assoziative Struktur auf, die keine lineare Lesestruktur vorgibt, sondern vielmehr nach dem Cluster-Prinzip funktioniert.
Die virtuellen Mindmaps, die Nager mit ihren Werken erschliesst, suggerieren eine Orientierung im weit verzweigten Netz. Der Effekt vom „Lost in Hyperspace“ entschärft sich durch diese Navigationshilfe aber nicht, vielmehr bestimmt er geradezu die Stimmungslage der eruierten Bildwelten, die als Web-Ontologien klassifiziert werden können. Im nicht zu verortenden Raum mit schwarzem Grund, der nicht länger den Gesetzen der Schwerkraft unterliegt, herrscht betörende Gleichzeitigkeit, in der private wie gesellschaftspolitische Ereignisse in euphorisch-apokalyptischer Manier unvermittelt aufeinanderprallen.