Langmut
Die Galerie Bob Gysin präsentiert zum ersten Mal Werke von George Steinmann. Der Ausstellungstitel LANGMUT bezieht sich auf die langjährige Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Thema kultureller Nachhaltigkeit. Steinmann ist Brückenbauer, ein Forscher, dessen Projekte Naturwissenschaftler, Philosophen und Architekten zusammenführen, und dessen Wirken komplexe Zusammenhänge sichtbar werden lässt. Seine Kunst basiert auf umfassenden Naturrecherchen. Sie ist fragil, sinnlich und sinnhaft zugleich.
Der Film „Komi“ dokumentiert diverse Expeditionen des Künstlers für das Werk „Komi. A Growing Sculpture“ (1997-2007) in der russischen Taiga. Die umtreibenden Fragen sind: Wie gehen wir mit den letzten grossen Urwäldern Europas um? Was bedeuten Wildnis, Biodiversität und nachhaltige Forstwirtschaft aus künstlerischer Sicht?
Die Tischinstallation „Kunst ohne Werk aber mit Wirkung“ (2010-2015) setzt sich mit Wasser, einem der wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts, auseinander. Auf dem Tisch finden sich Objekte wie mit Quellwasser gefüllte Flaschen, Kugeln aus Quellpigmenten und mineralischen Ablagerungen, Schriftstücke und Indikatoren.
George Steinmann verwendet in seinen Arbeiten ausschliesslich Naturmaterialien. So ist Heidelbeersaft symbolisches Medium, mit dem der Künstler naturwissenschaftliche und philosophische Texte überdeckt. Die Struktur der Handschrift, der Eindruck im Papier sind zwar sichtbar, aber nicht mehr lesbar. Durch eine deckende Schicht von Heidelbeersaft, Schellack und natürlichem Indigopigment entsteht eine glänzende Oberfläche, die dem Betrachter die Information vorenthält. Die Verschleierung der immanenten Texte verweist dabei auch auf die Debatte um „Big Data“, auf die zunehmende Informationsflut und die Rolle der Kunst in der visuellen Überstimulation.
Die collageartig gestaltete Stirnwand setzt sich aus Karten zusammen.
Die einzelnen Arbeiten resultieren aus Steinmanns langjährigen Recherchen zu den Themen Landschaft, Umwelt, Raum und Spezifik des Ortes.
Die den „Mindmaps“ zugrunde liegende Thematik ist das integrative Bewusstsein, z.B. das Spannungsfeld zwischen Kunst und Wissenschaft. Die Skizzenblätter sind mit Heidelbeersaft und rötlichem Antiseptikum bearbeitet, beides Substanzen und Mittel der Desinfektion und Wundbehandlung. Auch hier sind schriftliche Notizen präsent, aber kaum mehr lesbar. Vereinzelte Blätter hat der Künstler abgeschliffen in einem Akt des Verletzens, der wiederum das Werk selbst kritisch hinterfragt.
Die geheimnisvolle blauviolette Farbe der analogen Fotografien rührt wiederum von Heidelbeersaft her. Die von Hand entwickelten und eingefärbten Unikate zeigen alte Wälder der nördlichen Hemisphäre. Die eigenartige Farbigkeit verleiht dem Sujet eine geheimnisvolle zusätzliche Ebene und verweist auf die im Anthropozän bedrohte Natur.