Von den hereinbrechenden Rändern

Andrea Wolfensberger untersucht in ihren neuen Werken die wahrnehmbare Welt und zeigt uns Vertrautes an der Schwelle zur Ab-straktion. Die Künstlerin verschränkt das Medium Video mit der Malerei und erzeugt Bilder, die Naturphänomene gleichsam im Schwebezustand festhalten. Die Umrisse von Blättern, Bäumen und Landschaften lösen sich auf, Form und Farbe verschmelzen zu einem einzigen schimmernden Tanz und die extreme Nahsicht löst die Gegenstände aus ihrem Kontext. Mit ihrer Kameraführung und ihren malerisch umgesetzten 'Projektionen' versetzt Wolfensberger den Betrachter unmittelbar ins Bild und lässt ihn aus nächster Nähe in die dargestellten Szenen eintauchen. Womöglich gelingt der Künstlerin, mit den 'hereinbrechenden Rändern' auch die Distanz des Betrachters zum Bild aufzubrechen und ihn in den Bann der flüchtigen Erscheinungen zu versetzen. Die Welt, die sich ihm eröffnet, ist die verworrene Natur, wie sie nur von einem Auge wahrgenommen werden kann, das sich von vorgefassten Sichtweisen löst und sich dem Unmittelbaren und Unbestimmten zuwendet.

Andrea Wolfensberger stellt zum fünften Mal in der Galerie Bob Gysin aus und schliesst mit ihrem neuen „Herbst“-Zyklus an die „Frühjahrs“-Bilder an, die sie vor drei Jahren präsentiert hat. Mit dem Zitat „Was uns blüht“ von Barbara Köhler läutete die Künstlerin ihre Malerei ein. Diese Serie portraitiert die gleiche Gartenanlage, grösstenteils sogar den gleichen Baum wie das Projekt der „hereinbrechenden Ränder“. Formal und in der malerischen Umsetzung setzt Wolfensberger jedoch unterschiedliche Schwerpunkte und belegt so ihren grundsätzlich konzeptuell ausgerichteten Ansatz.

Mit dem Ausstellungstitel greift Andrea Wolfensberger einen Aphorismus von Ludwig Hohl auf, der ihre neuen Arbeiten nicht nur formal zutreffend kennzeichnet. Als Metapher steht der Ausstellungstitel für eine Grundproblematik der modernen Kunst, der sich die Künstlerin offen stellt. An zitierter Stelle führt Hohl aus, die Mitte habe keine Kraft sich zu erneuern, das Neue werde zuerst in den Randbezirken, an den zerfransenden Orten des fast Unsichtbaren gesehen. „Dem von allen Gesehenen“ zu entweichen, „Nebenerscheinungen“ und „Unmerkliches“ aufzuspüren, um diese zu erforschen - die Künstlerin nimmt in ihren neuen Werken die Gedanken Hohls auf und untersucht gleichsam sprichwörtlich die Tragfähigkeit seines Ansatzes.

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Andrea Wolfensberger: Von den hereinbrechenden Rändern

von den hereinbrechenden Rändern #07 - 2006, Öl auf Baumwolle, 160 x 200 cm

Andrea Wolfensberger: Von den hereinbrechenden Rändern

von den hereinbrechenden Rändern #04 - 2006, Öl auf Baumwolle, 160 x 200 cm

Andrea Wolfensberger: Von den hereinbrechenden Rändern

von den hereinbrechenden Rändern #05 - 2006, Öl auf Baumwolle, 160 x 200 cm

Andrea Wolfensberger: Von den hereinbrechenden Rändern

von den hereinbrechenden Rändern #01 - 2006, Öl auf Baumwolle, 160 x 200 cm